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Schweinehunde im Matsch und im Nebel

Biken im Deutschen Winter – Über Motivation in der kalten Jahreszeit

Es gibt meist den einen Kollegen, dem ist das Wetter irgendwie egal. Vielleicht nicht immer, aber manchmal reicht die Motivation am Telefon zu hören, um dem inneren Schweinehund die Stirn zu bieten.

Deutscher Winter. Es ist einer dieser Tage. Gerade so über 0° und somit bleibt vom gestern gefallenen Schnee nichts liegen. Nur der Matsch. Der Matsch ist überall. Unser aller Schweinehund ist groß und legt uns eine Rechnung vor: „Wenn du jetzt deine schnelle Hausrunde drehst, dann wirst du in Summe mehr Zeit mit Fahrrad putzen, Klamotten waschen und Matsch aus deinem Bart pullen verbringen als auf dem Trail.“ – Viel kann man dieser Argumentation nicht entgegensetzen. Er hat leider recht. So starrt man voller Trübsal aus dem Fenster und wünscht sich nach Spanien, Portugal oder wenigstens Finale.

„Lass uns den Berg dort erkunden. Der da hinten mit dem Kiefernwald!“

Er hat recht. Das wollten wir uns schon lange mal anschauen. Und da gab es diesen einen Trampelpfad, der vom Hauptweg wegführte und im Wald verschwand. Oft waren wir daran vorbeigefahren, auf dem Weg zurück von der altbekannten Trail-Runde. Immer waren wir zu ausgepowert, das Tageslicht war knapp oder man hatte doch lieber Lust auf eine warme Dusche oder ein leckeres Abendessen. Also – wenn nicht jetzt, wann dann? Das Gekläffe der genervten Spaßbremse in mir blende ich aus und ziehe die lange Bikehose und die Winterhandschuhe aus der Kiste. Ab aufs Switchblade und los gehts.

Kurze Zeit später treffen wir uns am Eingang unseres zu erkundenden Trampelpfads. Für eine Sekunde zeigt das Gesicht meines Kollegen Risse. Risse in der Motivation, die am Telefon noch so ungebrochen klang. Vielleicht war es aber nur die feuchte Brise, die uns gerade ins Gesicht schlug. Zurück nach Hause? Jetzt sind wir hier und jetzt ziehen wir das durch. Ich fahre vor, um meine frisch gewonnene Motivation zu demonstrieren.

„Wir fahren bei allen Bedingungen. Darum weinen wir auch nicht herum, wenn es mal etwas rutschiger ist.“

Weit kommen wir heute wohl nicht. Mein Schweinehund lacht mich aus, während das Hinterrad im schmierigen Uphill munter durchdreht. Schiebend lassen wir den Lehm und die Kalksteine hinter uns. Als es flacher wird, lässt sich der restliche Uphill fahrend bewältigen. Langsam und konstant treten ist die Zauberformel. Was würden die Kollegen aus Phoenix hierzu sagen? Sobald der deutsche Winter Einzug nimmt und die Matschschlachten beginnen unsere US-Kollegen, wie warm es gerade in Phoenix ist und die Trails trocken.

Mit einer Mischung aus Trotz und jetzt-erst-recht-Mentalität erkämpfen wir uns die Höhenmeter.

Wir sind oben angekommen und der Wald umschließt uns. In unseren Ohren hören wir das Blut rauschen und das Herz pochen, während  das einzige Geräusch von Tropfen stammt, die auf den Blättern am Boden zerspringen. Vor uns liegt der Trampelpfad. Er führt in einen Kieferwald und ist übersät mit einem rötlich, braunen Nadelboden. Wir erkunden weiter und finden die Überreste von einem Dachsschädel. Der Nebel zieht zu durch den Wald und es wirkt fast schon surreal, als wir nur noch vom Abrollgeräusch und dem Freilaufklackern umgeben sind.

Man bereut es nie, sich überwunden zu haben.

Auf dem ungenutzten Weg wechseln sich dicke Wurzeln, die als kleine Absprungkanten genutzt werden können, mit einem teppichartigem Untergrund. Wir durchschneiden den Nebel und vergessen alles, was uns davon hätte abhalten können heute hier zu sein. Wir kommen dem Waldrand näher und der Untergrund wird wieder schmierig. Die Wiese erkennen wir, die Orientierung ist da und der Trail ergibt in seinem Verlauf plötzlich Sinn.

Der Nebel liegt hinter uns und die Sonne kämpft sich durch die Wolkendecke. Um uns herum wird das Tropfen lauter während, wir uns der Straße nähern und die Geräusche der Zivilisation wieder hörbar sind.

– Blogbeitrag von Jens Staudt

Jens Staudt