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Kultur und Bikes – eine neue Verbindung

Autorin: Amy Morfas

Wie würdest du reagieren, wenn eine Freundin dir erzählen würde, dass sie sich für ein Langstreckenrennen in Island angemeldet hätten? Und was würdest du denken, wenn diejenige seit gerade mal einem Jahr auf einem Bike unterwegs ist?

Das ist genau das, was Alyssa Gonzalez gemacht hat. Sie sah es als große Chance, diese Erfahrung auch mit anderen PoC Athletinnen und Athleten zu teilen.

Die Westfjord Way Challenge ist ein hartes, einzigartiges Event. Es startet am 29. Juni in den abgelegenen Regionen im Nordwesten von Island.

Als Auftakt-Rennen besteht es aus vier Stages in fünf Tagen mit einer Gesamtdistanz von 957,6 km. In jeder Stage gilt es mindestens 2.134 Höhenmeter zu überwinden. Es gipfelt in der finalen Etappe mit 4.491 Höhenmetern.

Haben wir bereits erwähnt, dass Alyssa bis zum März 2022 noch keine Ausfahrt mit mehr als 80 km absolviert hat?

Zur Hälfte Gravel und zur Hälfte Asphalt, erschwert durch Flussdurchfahrten, keinerlei Versorgungsstationen und wildem Campieren, für ein paar Stunden Erholung. Als zusätzliche Herausforderung ist einer der ungeteerten Streckenabschnitte lediglich bei Ebbe befahrbar! Orientierungssinn ist eine der wichtigsten Fähigkeiten, da die Rennstrecke nicht markiert ist. Teilnehmerinnen sind den Elementen ausgeliefert. Ohne Gnade, aber in einer wunderschönen Landschaft.

Eine weitere Besonderheit dieses Events ist, dass die Teilnehmenden an sogenannten „Kultur-Stopps“ eine Pause einlegen müssen. In Museen, familiengeführten Landwirtschaften und Geothermal-Pools ist es möglich, dass alle Athleten das Land und die anderen Teilnehmenden besser kennenlernen können.

Das Rennen zeichnet sich aus, durch einen neuen Ansatz. Die Veranstalter limitierten die Anzahl der Startplätze für Männer zugunsten derer, die sonst weniger auf solchen Veranstaltungen anzutreffen sind. Das Rennen bieten explizite Anmeldeplätze für BIPOC-Teilnehmer an und reserviert zusätzliche Startplätze.

Als eine Athletin mit Wurzeln im südostasiatischen und spanischen Raum spricht sich Alyssa dafür aus, mehr BIPOC-Frauen für den Sport zu begeistern. Sie möchte das Bild prägen, wie eine Outdoor-Athletin oder Bikerin wahrgenommen wird.

Ihre Arbeit fokussiert sich auf das Aufheben von Grenzen für BIPOC-Frauen, um ihnen den Eintritt in die Welt der Fahrräder zu erleichtern. Durch das Teilnehmen von mehr diversen Menschen möchte sie das Bild beeinflussen, welches momentan nach einem primär männlichen Sport aussieht.

„Eines meiner Ziele ist es, mich dafür einzusetzen, dass an der Startlinie ein breiteres Spektrum an Menschen repräsentiert wird,“ sagt Alyssa.

Alyssa zog 2016 von der Ostküste nach Boulder, Colorado. Dort kam sie das erste Mal in näheren Kontakt mit der Bergwelt und den damit verbundenen Freizeitmöglichkeiten. Schnell entwickelte sich ihre Passion für Skifahren, Wandern und auch Klettern und Campen.

2019/2020 zog es sie in der Pandemie mehr und mehr in die Outdoorbranche. Laufen gehen und Wandern half ihr durch die Lockdowns. Zu gleicher Zeit wurden Black-Lives-Matter-Proteste stärker im gesellschaftlichen Diskurs behandelt. Inspiriert davon besann sie sich auf ihre Wurzeln, sah ihre Identität gespiegelt und wurde angetrieben sich ebenfalls in der Bewegung zu engagieren, um einen positiven Impact zu haben.

Alyssa letztes Jahr mit Mountainbiken und Gravel-Riding

Ihre frische, ungezügelte Motivation kann andere begeistern.

Viele Unternehmen in der Bikebranche erweitern ihre Programme zur Förderung von Diversität und Inklusivität in der Arbeitswelt. Westfjords Sponsor-Program geht noch einen Schritt weiter und unterstützt BIPOC-Fahrer und Fahrerinnen zusätzlich finanziell. Alles, um die Repräsentation im Sport und dem Event zu erweitern.

Ausdauer-Athlet Lael Wilcox protegierte Alyssa als gesponserte Fahrerin und für die Teilnahme am Event. Weiterhin konnte Alyssa bei der Auswahl von zwei weiteren BIPOC-Startern für das Rennen helfen. Bei fast 30 ein gereichen Anfragen war es nicht einfach nur zwei zu wählen. „Es war hart, Absagen erteilen zu müssen. Alle von ihnen hätten diese Chance nutzen können, bei diesem Rennen anzutreten.“ sagt Alyssa.

Mit schneebedeckten Trails in Boulder war es schwierig, mit dem aktuellen Training zu beginnen.

Trotz aller Herausforderungen versucht sie sich bestmöglich vorzubereiten, innerhalb des verfügbaren Zeitraums, selbst wenn es Indoor-Training sein musste. Ernährungspläne waren ebenfalls Teil ihrer Reise. Neben ihrem Training und Botschafter-Arbeit ist Alyssa noch Vollzeit als Produktdesignerin bei Outside Inc. angestellt.

Sie ist niemand, die vor einer Herausforderung zurückschreckt.

Als eine Hürdenläuferin im College überraschte sich Alyssa selbst bei ihrer Teilnahme an einem Ausdauerevent. Zwar glaubt sie manchmal, dass sie ihre Ziele zu hoch ansetzt, fühlte sich aber sehr geehrt vom Event für ihre Arbeit in der Bike-Szene wahrgenommen zu werden. Die meisten Zweifel kommen von außen, aber Alyssa glaubt, dass Erfahrung weniger wichtig ist als Passion und Durchhaltevermögen.

Alyssa wurde 2022 Pivot Markenbotschafterin und sie wird mit einem Vault Gravelbike am Westfjord Adventure teilnehmen.

Sie nimmt teil, ohne konkrete Ziele um eine Platzierung zu haben. Ihr Ziel ist es über die Ziellinie zu schaffen in der vorgegebenen Zeit. Ohne Crash, glücklich und mit einem Lächeln im Gesicht.

Zu Island hat Alyssa eine besondere Verbindung. Es war das erste Land, welches sie außerhalb der USA bereiste, auf Weg ihrer Rucksack-Tour durch Europa und Asien nach ihrer Masterarbeit. Die Teilnahme an ihrem ersten internationalen Rennen lässt sie darauf zurückblicken, wie weit sie zwischenzeitlich gekommen ist seit ihrer ersten Reise. Und obwohl Island keine Geschichte in Rassendiskriminierung hat wie die USA, ist es dennoch eine Bestätigung ihrer Bemühungen für Alyssa, das Feld der am Rennen Teilnehmenden breiter aufzustellen.

Westfjord ist erst der Anfang.

Alyssa hatte einen Rucksacktrip in Südamerika geplant, kurz bevor die Pandemie uns alle traf. Das steht immer noch auf ihrer Liste. Sie möchte ebenfalls eine Tour durch Thailand machen, wo ihre Mutter herstammt. Ziel dieser Reisen ist es, eine bessere Verbindung mit ihrer Kultur zu schaffen und dabei Familienmitglieder zu treffen. Alyssas Ansatz, neue Menschen für den Sport zu begeistern, steht erst am Anfang und wird die Bandbreite von Charakteren in der Zukunft prägen. Das wird ein Gewinn für alle. Nach allem ist eine größere Bike-Community für jeden auf zwei Rädern nützlich.

Amy Morfas arbeitet seit Jahren als Bike-Botschafterin in der Industrie und setzt sich für eine Willkommenskultur für alle ein. Sie lebt in Bend, Oregon.  
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